In Brasilien fordern vom Eisenbergbau ausgelöste Schlammlawinen ganze Dörfer - nur ein Beispiel für den Blutzoll bei der Rohstoffgewinnung.
FÜR DEIN AUTO
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Das Auto ist für die meisten Menschen das teuerste Produkt, das sie jemals kaufen. 1300 Kilogramm Metall und andere Rohstoffe stecken in einem Mittelklassewagen. Für viele dieser Rohstoffe bezahlen die Erzeugerländer mit
der Zerstörung ihrer Umwelt, mit Kinderarbeit und Menschenleben. Die WirtschaftsWoche erzählt die Geschichten hinter der Förderung von Eisen, Kobalt, Kupfer, Graphit und Platin. Wie gehen Deutschlands Autohersteller
damit um?
27
Co
Cobalt
78
Pt
Platin
6
C
Grafit
26
Fe
Eisen
29
Cu
Kupfer
Karosserie, Verbrennungsmotor, Stahlfelgen
Große Regenwaldflächen in Südamerika
werden abgeholzt.
Umweltkatastrophen mit Dutzenden Toten.
Zerstörung von Ureinwohner-Kulturen.
Batterie beim Hybrid- und E-Auto
Zehntausende Kinderarbeiter
arbeiten in afrikanischen Minen.
Haarsträubende Arbeitsbedingungen.
Hungerlöhne von 10 Cent pro Tag
für lebensbedrohliche Arbeit.
Kabel, Fensterheber, Lichtmaschine, E-Motor
Anwohner erleiden Schwermetallvergiftung.
Gewaltsames Niederschlagen
von Protesten.
Pro Tonne Kupfererz 110 Tonnen Abfall.
Batterie beim Hybrid- und E-Auto
Ursache für Lungenkrankheiten und
Umweltverschmutzung durch Grafitstaub.
Schlechte Löhne.
Kaum Arbeitsschutz in
chinesischen Kleinstfabriken.
Katalysator beim Verbrennungsmotor
Es gab Massaker an Arbeitern in
Südafrika mit Dutzenden Toten.
Ausbeutung und schlechte
Lebensbedingungen der Arbeiter.
Hohe Todesrate in engen, unsicheren Stollen.
1.
Hungern trotz Knochenarbeit
Kinderarbeit ist in afrikanischen Minen an der Tagesordnung. Tausende Kinder schuften allein im Kongo in der Kobalt-Förderung. Sie wühlen mit bloßen Händen in der Erde und verdienen mit zwölf Stunden Arbeit weniger
als zehn Cent.
KINDHEIT FÜR KOBALT
Kamatanda
Kobalt aus dem Kongo ist für die Batterien von Elektroautos fast unverzichtbar, denn das afrikanische Land kontrolliert die Hälfte des Weltmarkts. Ein Drittel des kongolesischen Kobalts hat eine besonders fragwürdige Herkunft:
Es stammt aus inoffizieller Förderung, bei der Arbeiter in primitiven Minen ihr Leben riskieren – unter ihnen tausende Kinder- und Zwangsarbeiter.
• Der Preis für Kobalt explodiert zurzeit, denn Autohersteller und ihre Zulieferer wollen sich ausreichende Mengen für ihre Elektroautoproduktion sichern.
• Der Kongo verfügt über große Kobalt-Vorkommen, doch wegen Kinder- und Zwangsarbeit kaufen die Autohersteller dort nur ungern ein.
• Autobauer wie BMW und Zulieferer wie Samsung wollen aber Klarheit über mögliche Kinderarbeit in ihrer Lieferkette bekommen und die Missstände bekämpfen.
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Im strömenden Regen laufen zwei Jungen mit nackten Füßen durch das braune Erdreich zu einem Arbeiter. Sie halten leere Säcke in den Händen, die der Mann mit Erde füllt. Die Kinder schleppen sie auf ihren
Schultern beiseite.
Er fühle sich schrecklich weil er wieder kommen müsse, sagt der elf-jährige Richard. Alles tue ihm weh. Ich muss den ganzen Tag arbeiten“, sagt der achtjährige Dorsen einer Reporterin des britischen TV-Senders Sky News, die eine Kobaltmine im Kongo besucht hat. Es sind nicht die einzigen Kinder, die sie bei der Arbeit filmt. Ein Mädchen in einem mit Stickereien verzierten Kleid soll erst vier Jahre alt sein.
Nach einer im Mai veröffentlichten Studie des „Center for Effective Global Action“ arbeiten gut 5000 Minderjährige in den Kobaltminen der Demokratischen Republik Kongo. Der Weltmarktpreis für Kobalt hat sich in den vergangenen zwölf Monaten auf 60 000 US-Dollar pro Tonne mehr als verdoppelt. Marktkenner führen das auf den Hype um Elektroautos zurück. Bei den Kindern kommt davon nichts an. Sie bekommen für ihr Kobalt oftmals so wenig, dass es nicht mal für eine tägliche Mahlzeit reicht.
Gut die Hälfte des weltweit verbrauchten Kobalts kommt aktuell aus dem Kongo. 20 bis 40 Prozent davon stammen aus dem sogenannten informellen Sektor, in dem Arbeiter eigenständig los ziehen um Kobalt zu schürfen, ohne Schutzkleidung und mit einfachsten Werkzeugen.
Unternehmen, die Kobalt aus dem informellen Sektor beziehen, haben fast automatisch mit Kinderarbeit zu tun. Während für die Batterie in einem Smartphone nur fünf bis zehn Gramm Kobalt benötigt werden, stecken in einer Autobatterie bis zu 15.000 Gramm.
Der Technologiekonzern Samsung SDI aus Südkorea etwa stellt Batterien für Elektrofahrzeuge her, die unter anderem bei BMW und VW eingebaut werden. In einem Bericht über ihre Lieferkette für Kobalt räumt das Unternehmen ein, dass Kinderarbeit und Verstöße gegen Menschenrechte zu den größten Risiken für Unternehmen gehören, die im Kongo einkaufen.
Das hat vor allem mit der komplexen Lieferkette zu tun: Die Minenarbeiter bieten ihre Ausbeute teilweise auf Marktplätzen in der Nähe der Minen an, die verkaufen sie auf anderen Marktplätzen weiter. Von dort geht der Stoff zu Großhändlern. Die verkaufen das Kobalt im besten Fall direkt an die Schmelzen oder reichen es an globale Händler weiter.
Die Mittler auf den Marktplätzen prüfen nicht, durch wessen Hände das Kobalt gegangen ist. Das ist manchmal auch gar nicht möglich. So manches Minengelände ist zugleich auch Wohnort der Arbeiter und ihrer Familien. Wer will garantieren, dass Kinder hier nur spielen und nicht arbeiten?
Er fühle sich schrecklich weil er wieder kommen müsse, sagt der elf-jährige Richard. Alles tue ihm weh. Ich muss den ganzen Tag arbeiten“, sagt der achtjährige Dorsen einer Reporterin des britischen TV-Senders Sky News, die eine Kobaltmine im Kongo besucht hat. Es sind nicht die einzigen Kinder, die sie bei der Arbeit filmt. Ein Mädchen in einem mit Stickereien verzierten Kleid soll erst vier Jahre alt sein.
Nach einer im Mai veröffentlichten Studie des „Center for Effective Global Action“ arbeiten gut 5000 Minderjährige in den Kobaltminen der Demokratischen Republik Kongo. Der Weltmarktpreis für Kobalt hat sich in den vergangenen zwölf Monaten auf 60 000 US-Dollar pro Tonne mehr als verdoppelt. Marktkenner führen das auf den Hype um Elektroautos zurück. Bei den Kindern kommt davon nichts an. Sie bekommen für ihr Kobalt oftmals so wenig, dass es nicht mal für eine tägliche Mahlzeit reicht.
Gut die Hälfte des weltweit verbrauchten Kobalts kommt aktuell aus dem Kongo. 20 bis 40 Prozent davon stammen aus dem sogenannten informellen Sektor, in dem Arbeiter eigenständig los ziehen um Kobalt zu schürfen, ohne Schutzkleidung und mit einfachsten Werkzeugen.
Unternehmen, die Kobalt aus dem informellen Sektor beziehen, haben fast automatisch mit Kinderarbeit zu tun. Während für die Batterie in einem Smartphone nur fünf bis zehn Gramm Kobalt benötigt werden, stecken in einer Autobatterie bis zu 15.000 Gramm.
Der Technologiekonzern Samsung SDI aus Südkorea etwa stellt Batterien für Elektrofahrzeuge her, die unter anderem bei BMW und VW eingebaut werden. In einem Bericht über ihre Lieferkette für Kobalt räumt das Unternehmen ein, dass Kinderarbeit und Verstöße gegen Menschenrechte zu den größten Risiken für Unternehmen gehören, die im Kongo einkaufen.
Das hat vor allem mit der komplexen Lieferkette zu tun: Die Minenarbeiter bieten ihre Ausbeute teilweise auf Marktplätzen in der Nähe der Minen an, die verkaufen sie auf anderen Marktplätzen weiter. Von dort geht der Stoff zu Großhändlern. Die verkaufen das Kobalt im besten Fall direkt an die Schmelzen oder reichen es an globale Händler weiter.
Die Mittler auf den Marktplätzen prüfen nicht, durch wessen Hände das Kobalt gegangen ist. Das ist manchmal auch gar nicht möglich. So manches Minengelände ist zugleich auch Wohnort der Arbeiter und ihrer Familien. Wer will garantieren, dass Kinder hier nur spielen und nicht arbeiten?
Können Autobauer ihre Lieferketten transparenter machen?
Bei den ausgewählten Rohstoffen strebe BMW deshalb Zertifizierungen an, die eine saubere Herkunft bescheinigen, sagt Geckeler. In den vergangenen Jahren habe BMW eine solche saubere Lieferkette für Stahl aufgebaut und habe
dafür auch direkt mit Minenbetreibern verhandelt. Bei Kupfer strebt BMW ebenfalls eine eigene Zertifizierung der Lieferkette an.
Bei Rohstoffen ohne zertifizierte Herkunft nutzt BMW ein Ampelsystem für die Beschaffung. Ein externer Dienstleister schaut sich die Lieferketten an, bewertet Händler, Minengesellschaften und Herkunftsländer.
Dann gibt es eine Farbe: Grün darf ohne Bedenken eingekauft werden, gelb mit Auflagen zur Verbesserung, rot eigentlich nicht. Will ein Bereichsleiter bei BMW dennoch einen rot-gekennzeichneten Rohstoff haben, wirkt
sich das negativ auf sein persönliches Gehalt aus. „Unser Ziel ist es, 95 Prozent unserer Lieferanten mit einer grünen Ampel zu haben. Ein bis drei Prozent aber sind immer auch rot“, sagt Geckeler.
Frei von Risiken aber, auch das gibt der BMW-Mann zu, werde man sie nie bekommen.
Kinderarbeit in den Minen ist kein neuartiges Phänomen, nur hatten sich die Unternehmen dafür lange nicht sonderlich interessiert. Erst als ein Bericht von Amnesty International im vergangenen Jahr genau dokumentierte, dass
Kobalt aus Kinderarbeit in Fahrzeugen und Smartphones namhafter Marken landet, ging ein Ruck durch die Branche.
„Eigentlich wussten wir früher nicht so genau woher unsere Händler Kobalt beziehen“, sagt ein Manager von Huayou, der für die Verfolgung der Lieferkette verantwortlich ist. „Wir haben dann erst einmal versucht, die Lieferketten im informellen Sektor nachzuvollziehen.“ Da sei kaum möglich gewesen. Deshalb sei es auch unmöglich, das Problem der Kinderarbeit in der eigenen Lieferkette kurzfristig in den Griff zu bekommen, „wenn wir weiterhin Kobalt von Marktplätzen beziehen.“ Er sagt, dass Huayou den Rohstoff seit Mai direkt an den Minen einkauft. Eine Garantie, dass Kobalt von Huayou frei von Kinderarbeit ist, will der Manager nicht geben. Aber immerhin: Es passiert was.
Das war nicht immer so. Vor Jahren noch hatten die Kobaltschmelzen und die Batteriehersteller unisono behauptet, über Probleme mit Kinderarbeit in ihren Lieferketten keine Kenntnis zu haben. Das lag aber wohl eher daran, dass sie die Probleme nicht sehen wollten.
„Wir haben lange toleriert, dass die Lieferketten intransparent waren“, sagt ein Sprecher des Batterieherstellers Samsung SDI. Nun legen die Koreaner die Namen ihrer Lieferanten offen, sie reden offen über die Probleme im Kongo und berichten jährlich über die Fortschritte bei der Auditierung der Lieferkette. Gut die Hälfte der Zulieferer von Samsung legt mittlerweile offen, wo ihr Kobalt herkommt und lässt sich durchleuchten. Die Verbindung zu der anderen Hälfte sofort zu kappen oder ganz auf Kobalt aus dem informellen Sektor zu verzichten, wäre nicht nur wirtschaftlich für Samsung schwierig, sagt er. „Es wäre auch verantwortungslos.“
„Es gibt tausende von Arbeitern ohne Ausbildung, die können nicht alle im industriellen Sektor unterkommen“, sagt Lara Smith, Expertin für Kobalt bei Core Consultants. Ähnliches gilt für die Kinder. Sie schuften in den Minen weil sie und ihre Familien Hunger haben. Sanktionen gegen Zulieferer zu verhängen oder gleich ganz auf Kobalt aus dem informellen Sektor zu verzichten, würde nur dazu führen, dass den Menschen die Lebensgrundlage genommen wird.
Alternativen müssen her, wie Lebensmittel und Schulen für die Kinder, Arbeitsschutzkleidung für die Erwachsenen - die Liste an möglichen Maßnahmen ist für Unternehmen, die wirklich eine saubere Lieferkette wollen, längst nicht ausgeschöpft.
„Eigentlich wussten wir früher nicht so genau woher unsere Händler Kobalt beziehen“, sagt ein Manager von Huayou, der für die Verfolgung der Lieferkette verantwortlich ist. „Wir haben dann erst einmal versucht, die Lieferketten im informellen Sektor nachzuvollziehen.“ Da sei kaum möglich gewesen. Deshalb sei es auch unmöglich, das Problem der Kinderarbeit in der eigenen Lieferkette kurzfristig in den Griff zu bekommen, „wenn wir weiterhin Kobalt von Marktplätzen beziehen.“ Er sagt, dass Huayou den Rohstoff seit Mai direkt an den Minen einkauft. Eine Garantie, dass Kobalt von Huayou frei von Kinderarbeit ist, will der Manager nicht geben. Aber immerhin: Es passiert was.
Das war nicht immer so. Vor Jahren noch hatten die Kobaltschmelzen und die Batteriehersteller unisono behauptet, über Probleme mit Kinderarbeit in ihren Lieferketten keine Kenntnis zu haben. Das lag aber wohl eher daran, dass sie die Probleme nicht sehen wollten.
„Wir haben lange toleriert, dass die Lieferketten intransparent waren“, sagt ein Sprecher des Batterieherstellers Samsung SDI. Nun legen die Koreaner die Namen ihrer Lieferanten offen, sie reden offen über die Probleme im Kongo und berichten jährlich über die Fortschritte bei der Auditierung der Lieferkette. Gut die Hälfte der Zulieferer von Samsung legt mittlerweile offen, wo ihr Kobalt herkommt und lässt sich durchleuchten. Die Verbindung zu der anderen Hälfte sofort zu kappen oder ganz auf Kobalt aus dem informellen Sektor zu verzichten, wäre nicht nur wirtschaftlich für Samsung schwierig, sagt er. „Es wäre auch verantwortungslos.“
„Es gibt tausende von Arbeitern ohne Ausbildung, die können nicht alle im industriellen Sektor unterkommen“, sagt Lara Smith, Expertin für Kobalt bei Core Consultants. Ähnliches gilt für die Kinder. Sie schuften in den Minen weil sie und ihre Familien Hunger haben. Sanktionen gegen Zulieferer zu verhängen oder gleich ganz auf Kobalt aus dem informellen Sektor zu verzichten, würde nur dazu führen, dass den Menschen die Lebensgrundlage genommen wird.
Alternativen müssen her, wie Lebensmittel und Schulen für die Kinder, Arbeitsschutzkleidung für die Erwachsenen - die Liste an möglichen Maßnahmen ist für Unternehmen, die wirklich eine saubere Lieferkette wollen, längst nicht ausgeschöpft.
Die jüngsten Arbeiter sind vier Jahre alt und so klein, dass sie auch in die engsten Stollen kriechen können.
40.000
arbeitende
Kinder in kongolesischen Bergwerken
Kinder in kongolesischen Bergwerken
80
tote Kinder in
den Minen
pro Jahr
43-fache
Kobalt-Belastung
im Blut
5-fache
Schwermetall-Belastung
im Blut (Uran, Blei, Kadmium)
Weniger als zehn Cent Tageslohn bekommt ein Kind in den kongolesischen Kobalt-Minen. Ein Blick in den Alltag der Kinderarbeiter zeigt die dramatischen Lebensbedingungen.
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Inoffizielle Minen
Samsung stellt mit Kobalt aus dem Kongo Batterien für E-Autos her. BMW hat den südkoreanischen Konzern jedoch verpflichtet, kein Kobalt aus den gefährlichen, inoffiziellen Minen zu verwenden.
2.
Protest gegen Ausbeutung
Tausende Minenarbeiter demonstrierten vor fünf Jahren gegen die gefährlichen Arbeitsbedingungen und gegen die schlechte Bezahlung in der südafrikanischen Mine Marikana. Polizisten feuerten 400 Mal in die Menge.
STERBEN FÜR PLATIN
Rustenburg
In Südafrika wird einer der wertvollsten Rohstoffe der Welt gefördert: Platin. Die Autohersteller brauchen Platin für die Katalysatoren, die die Abgase reinigen. Doch während Platin in Deutschland die Luft sauberer
macht, verpestet der Abbau des Metalls die Umwelt in Südafrika. Zudem sind die Stollen der Platin-Minen lebensgefährlich, die Arbeitsbedingungen skandalös, die Bezahlung mies. Von 3000 Arbeitern, die dagegen protestierten,
wurden 37 von der Polizei getötet.
• In der Mine Marikana erschoss die Polizei vor fünf Jahren 37 Arbeiter, die für bessere Arbeitsbedingungen demonstrierten.
• In Stollen, die weniger als ein Meter hoch sind, bearbeiten die Minenarbeiter den ganzen Tag in gebückter Haltung das Felsgestein mit Presslufthämmern.
• Der Minenbetreiber Lonmin gehört zu den wichtigsten Platin-Lieferanten des Chemiekonzerns BASF, der damit Katalysatoren herstellt
• Die BASF-Katalysatoren kommen bei Daimler, VW und BMW zum Einsatz.
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Schüchtern zieht Mzoxolo Magidiwana das T-Shirt bis über den Bauchnabel. Zum Vorschein kommen zwei dunkle Flecken von den Einschusslöchern. Daneben zwei lange Narben von der Operation. Der Magen des jungen Mannes ist
verschoben und schwer verletzt, er kann nicht mehr gut gehen, im rechten Arm hat er keine Kraft. Ärzte haben ihn abgeschrieben. Dort, wo Magidiwana mit 24 Jahren zum Krüppel geschossen wurde, in der südafrikanischen
Platinmine von Marikana, nennen sie ihn nur „Dead Man Walking“. Todeskandidat.
Fünf Jahre ist es her, dass der Minenarbeiter von Polizisten verletzt wurde, als er für bessere Löhne streikte. Er war einer der Anführer von 3000 Arbeitern, die am 16. August 2012 in den Ausstand traten, weil sie so nicht mehr leben konnten: von umgerechnet 400 Euro im Monat, unter Tage bedroht durch krankmachenden Staub und ständige Unfälle; über Tage umgeben von den giftigen Abgasen der Platinschmelzen. Die Polizisten, die den Aufruhr im Auftrag des britischen Minenkonzerns Lonmin niederschossen, gingen vor wie in düstersten Tagen der Apartheid. 400 Mal feuerten sie in die Menge. 37 Arbeiter starben, unzählige wurden verletzt. So wie Magidiwana. Nun sitzt er in seiner Hütte und sagt: „Für dieses Massaker sind deutsche Konzerne verantwortlich.“
Er meint damit die Autobauer VW, BMW und Daimler, deren Autos Platin aus Marikana enthalten – so wie Autos anderer Hersteller auch. Vom Kap aus versorgt das britische Unternehmen Lonmin die westliche Welt mit dem Stoff. Der deutsche Chemiegigant BASF ist einer der wichtigsten Importeure. Der Dax-Konzern braucht das Metall, um damit Katalysatoren zu beschichten, die dann in deutschen Karossen landen. So sorgen die Arbeiter in Südafrika für saubere Luft in Deutschland. Die Deutschen aber sind wiederum mitverantwortlich für Tod und Leid so vieler Menschen, dafür, dass die Arbeiter in Marikana noch heute krank werden von den Abgasen. Und: Sie sind nicht nur mitverantwortlich in Südafrika, sondern in Minen auf der ganzen Welt.
Fünf Jahre ist es her, dass der Minenarbeiter von Polizisten verletzt wurde, als er für bessere Löhne streikte. Er war einer der Anführer von 3000 Arbeitern, die am 16. August 2012 in den Ausstand traten, weil sie so nicht mehr leben konnten: von umgerechnet 400 Euro im Monat, unter Tage bedroht durch krankmachenden Staub und ständige Unfälle; über Tage umgeben von den giftigen Abgasen der Platinschmelzen. Die Polizisten, die den Aufruhr im Auftrag des britischen Minenkonzerns Lonmin niederschossen, gingen vor wie in düstersten Tagen der Apartheid. 400 Mal feuerten sie in die Menge. 37 Arbeiter starben, unzählige wurden verletzt. So wie Magidiwana. Nun sitzt er in seiner Hütte und sagt: „Für dieses Massaker sind deutsche Konzerne verantwortlich.“
Er meint damit die Autobauer VW, BMW und Daimler, deren Autos Platin aus Marikana enthalten – so wie Autos anderer Hersteller auch. Vom Kap aus versorgt das britische Unternehmen Lonmin die westliche Welt mit dem Stoff. Der deutsche Chemiegigant BASF ist einer der wichtigsten Importeure. Der Dax-Konzern braucht das Metall, um damit Katalysatoren zu beschichten, die dann in deutschen Karossen landen. So sorgen die Arbeiter in Südafrika für saubere Luft in Deutschland. Die Deutschen aber sind wiederum mitverantwortlich für Tod und Leid so vieler Menschen, dafür, dass die Arbeiter in Marikana noch heute krank werden von den Abgasen. Und: Sie sind nicht nur mitverantwortlich in Südafrika, sondern in Minen auf der ganzen Welt.
Gibt es gesetzliche Vorschriften für Transparenz und Verantwortung in der Lieferkette?
Sämtliche Bemühungen der deutschen Autohersteller, entlang ihrer Lieferketten Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung zu vermeiden, sind freiwillig. Andere sind da weiter. Frankreich etwa hat in diesem Jahr eine Regelung verabschiedet, die große Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Lieferketten transparent zu machen. Die Niederländer haben eine Norm gegen Kinderarbeit erlassen, in Kalifornien gilt der „Transparency in supply chains act“. Am weitesten sind die Briten. Das dortige Parlament erließ 2015 den „UK modern slavery act“, der alle Unternehmen ab 36 Millionen Pfund Umsatz dazu verpflichtet, jährlich Bericht zu erstatten über die Einhaltung von Menschenrechten entlang der Lieferkette. In diesen Ländern bestehen Autos natürlich nicht sofort nur aus Rohstoffen aus einwandfreien Quellen – aber Transparenz wäre der erste Schritt zur Besserung.
Die deutsche Bundesregierung dagegen schaffte bislang nicht viel mehr als einen weich gespülten Wunschzettel. Zwar sollen die Unternehmen künftig Auskunft darüber erteilen, ob sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Die Regel gilt allerdings erst ab 2021 und auch nur ab 500 Angestellten. Dabei war durchaus mal mehr geplant. So wurde in Deutschland ein „Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“ angestoßen. Gleich sechs Ministerien befassten sich mehrere Jahre mit Fragen der nachhaltigen Lieferkette. Das Auswärtige Amt hatte scharfe Regeln vorgeschlagen. Insbesondere das Finanzministerium hatte aber Sorge um eine allzu große Belastung der deutschen Wirtschaft. War etwa im Ursprungsdokument noch von einer „Sorgfaltspflicht“ der Unternehmen zu lesen, wurde in der Schlussfassung daraus eine „Verantwortung“. Aus der ursprünglich angedachten „klaren Erwartungshaltung der Bundesregierung an das Verhalten deutscher Unternehmen“ wurde die schwammige „Empfehlung der Bundesregierung an die unternehmerische Verantwortung“.
Ab 2020 soll es nun regelmäßige Untersuchungen geben, ob sich die Konzerne an die Menschenrechte halten. Allerdings nur in Form einer Stichprobe aus 6500 der größten deutschen Konzerne. Wie groß die ist, steht noch nicht fest. Mehr als ein paar Hundert Firmen dürften es nicht werden. Inoffizielles Ziel: Bis 2021 soll die Hälfte der deutschen Firmen eine „menschenrechtliche Sorgfalt“ bei ihren Beschaffungen gewährleisten. Erst wenn das scheitert, will man in Berlin über die Notwendigkeit nachdenken, doch noch ein Gesetz zu erlassen.
Dabei sperren sich die deutschen Automobilkonzerne gar nicht gegen scharfe Regeln. Sie wollen nur, dass die für alle gelten – und zwar weltweit. Daran arbeiten seit einigen Jahren die Vereinten Nationen. Gerade sitzen in Genf auf Einladung der UN Vertreter von rund 100 Nationen zusammen, um ein verbindliches Abkommen gegen Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten zu beraten. Angestoßen wurde das Projekt von den Rohstoffproduzenten selbst, Südafrika etwa. Umsetzen muss es nun der Westen. Und eben da liegt das Problem. „Die EU und Deutschland haben den Prozess bislang eher torpediert“, sagt Michael Reckordt vom Arbeitskreis Rohstoffe, einem Zusammenschluss von NGOs. Er ist skeptisch, dass das mit der neuen Regierung besser wird. Schließlich habe Angela Merkel schon zwölf Jahre verstreichen lassen. „Deutschland hat aber eine besondere Rolle: Die Regelung muss aus den Ländern kommen, in denen die multinationalen Konzerne zu Hause sind.“ Reckordt glaubt, dass das noch Jahre brauchen wird.
Sämtliche Bemühungen der deutschen Autohersteller, entlang ihrer Lieferketten Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung zu vermeiden, sind freiwillig. Andere sind da weiter. Frankreich etwa hat in diesem Jahr eine Regelung verabschiedet, die große Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Lieferketten transparent zu machen. Die Niederländer haben eine Norm gegen Kinderarbeit erlassen, in Kalifornien gilt der „Transparency in supply chains act“. Am weitesten sind die Briten. Das dortige Parlament erließ 2015 den „UK modern slavery act“, der alle Unternehmen ab 36 Millionen Pfund Umsatz dazu verpflichtet, jährlich Bericht zu erstatten über die Einhaltung von Menschenrechten entlang der Lieferkette. In diesen Ländern bestehen Autos natürlich nicht sofort nur aus Rohstoffen aus einwandfreien Quellen – aber Transparenz wäre der erste Schritt zur Besserung.
Die deutsche Bundesregierung dagegen schaffte bislang nicht viel mehr als einen weich gespülten Wunschzettel. Zwar sollen die Unternehmen künftig Auskunft darüber erteilen, ob sie ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Die Regel gilt allerdings erst ab 2021 und auch nur ab 500 Angestellten. Dabei war durchaus mal mehr geplant. So wurde in Deutschland ein „Nationaler Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte“ angestoßen. Gleich sechs Ministerien befassten sich mehrere Jahre mit Fragen der nachhaltigen Lieferkette. Das Auswärtige Amt hatte scharfe Regeln vorgeschlagen. Insbesondere das Finanzministerium hatte aber Sorge um eine allzu große Belastung der deutschen Wirtschaft. War etwa im Ursprungsdokument noch von einer „Sorgfaltspflicht“ der Unternehmen zu lesen, wurde in der Schlussfassung daraus eine „Verantwortung“. Aus der ursprünglich angedachten „klaren Erwartungshaltung der Bundesregierung an das Verhalten deutscher Unternehmen“ wurde die schwammige „Empfehlung der Bundesregierung an die unternehmerische Verantwortung“.
Ab 2020 soll es nun regelmäßige Untersuchungen geben, ob sich die Konzerne an die Menschenrechte halten. Allerdings nur in Form einer Stichprobe aus 6500 der größten deutschen Konzerne. Wie groß die ist, steht noch nicht fest. Mehr als ein paar Hundert Firmen dürften es nicht werden. Inoffizielles Ziel: Bis 2021 soll die Hälfte der deutschen Firmen eine „menschenrechtliche Sorgfalt“ bei ihren Beschaffungen gewährleisten. Erst wenn das scheitert, will man in Berlin über die Notwendigkeit nachdenken, doch noch ein Gesetz zu erlassen.
Dabei sperren sich die deutschen Automobilkonzerne gar nicht gegen scharfe Regeln. Sie wollen nur, dass die für alle gelten – und zwar weltweit. Daran arbeiten seit einigen Jahren die Vereinten Nationen. Gerade sitzen in Genf auf Einladung der UN Vertreter von rund 100 Nationen zusammen, um ein verbindliches Abkommen gegen Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten zu beraten. Angestoßen wurde das Projekt von den Rohstoffproduzenten selbst, Südafrika etwa. Umsetzen muss es nun der Westen. Und eben da liegt das Problem. „Die EU und Deutschland haben den Prozess bislang eher torpediert“, sagt Michael Reckordt vom Arbeitskreis Rohstoffe, einem Zusammenschluss von NGOs. Er ist skeptisch, dass das mit der neuen Regierung besser wird. Schließlich habe Angela Merkel schon zwölf Jahre verstreichen lassen. „Deutschland hat aber eine besondere Rolle: Die Regelung muss aus den Ländern kommen, in denen die multinationalen Konzerne zu Hause sind.“ Reckordt glaubt, dass das noch Jahre brauchen wird.
Der Fahrkorb in Südafrika rauscht mit 18 Metern pro Sekunde in die Tiefe, 800 Meter geht es hinab, bis auf Level minus 20, dann noch einmal zu Fuß drei Kilometer tief in die Stollen. Fast eine Stunde dauert es von der Oberfläche
bis zum Abbaupunkt in Marikana. Machulo Maseko ist hier unten der Chef. Ein fröhlicher Mann, der neulich einen BASF-Manager aus Deutschland zu Gast gehabt habe, erzählt er. Dem habe es gut gefallen, wie effizient sie
hier arbeiteten. BASF möchte zum Inhalt des Gesprächs keine Auskunft geben.
Maseko führt immer tiefer hinein in den Berg, irgendwann geht es eine steile Holztreppe hinauf, dann um eine Kurve. Vor ihm erstreckt sich ein stockfinsterer Tunnel, vielleicht einen Meter hoch und eineinhalb breit. Stehen kann hier keiner mehr, die Männer arbeiten acht Stunden lang gebückt und in der Hocke. Aus der pechschwarzen Röhre donnert das Wummern der Presslufthammer, flackert das Licht der Kopflampen zwischen den übereinandergestapelten Zementsäcken, die die Decke stabilisieren sollen. Die Luft ist stickig, der Boden Matsch: Niemand trägt Atemmasken, Wasser soll den Staub beim Bohren binden.
Wer die Männer fragt, welcher Teil der Arbeit Freude bereitet, bekommt zur Antwort: der Zahltag. Wer wissen will, was sich an den Arbeitsbedingungen hier unten seit dem Massaker 2012 verbessert habe, der hört: Die Bohrer seien jetzt leiser.
Obwohl Lonmin sich für das Massaker entschuldigt, Wohnungen gebaut und 30 Millionen Pfund für bessere Arbeitsbedingungen zurückgelegt hat; obwohl nach etlichen Streiks die Löhne stiegen; obwohl BASF mehrere Audits unternommen hat und eine Werksfeuerwehr spendierte – verbessert hat sich die Perspektive der Arbeiter nicht wirklich. Kaum irgendwo auf der Welt ist Bergbau so gefährlich wie in Südafrika. 2016 kamen in Südafrikas Platinminen 27 Menschen ums Leben. Die Zahl der Todesopfer steigt seit Jahren.
Maseko führt immer tiefer hinein in den Berg, irgendwann geht es eine steile Holztreppe hinauf, dann um eine Kurve. Vor ihm erstreckt sich ein stockfinsterer Tunnel, vielleicht einen Meter hoch und eineinhalb breit. Stehen kann hier keiner mehr, die Männer arbeiten acht Stunden lang gebückt und in der Hocke. Aus der pechschwarzen Röhre donnert das Wummern der Presslufthammer, flackert das Licht der Kopflampen zwischen den übereinandergestapelten Zementsäcken, die die Decke stabilisieren sollen. Die Luft ist stickig, der Boden Matsch: Niemand trägt Atemmasken, Wasser soll den Staub beim Bohren binden.
Wer die Männer fragt, welcher Teil der Arbeit Freude bereitet, bekommt zur Antwort: der Zahltag. Wer wissen will, was sich an den Arbeitsbedingungen hier unten seit dem Massaker 2012 verbessert habe, der hört: Die Bohrer seien jetzt leiser.
Obwohl Lonmin sich für das Massaker entschuldigt, Wohnungen gebaut und 30 Millionen Pfund für bessere Arbeitsbedingungen zurückgelegt hat; obwohl nach etlichen Streiks die Löhne stiegen; obwohl BASF mehrere Audits unternommen hat und eine Werksfeuerwehr spendierte – verbessert hat sich die Perspektive der Arbeiter nicht wirklich. Kaum irgendwo auf der Welt ist Bergbau so gefährlich wie in Südafrika. 2016 kamen in Südafrikas Platinminen 27 Menschen ums Leben. Die Zahl der Todesopfer steigt seit Jahren.
BASF erklärt, dass man die Verbindung zu Lonmin nicht kappen, sondern das Unternehmen dabei unterstützen wolle, die Probleme in Südafrika zu überwinden. „Diese Zusammenarbeit basiert auf klaren Zielen und
unserer Erwartung, dass messbare Fortschritte auf Seiten Lonmin erzielt werden und nachvollziehbar dokumentiert sind.“ heißt es in einer Stellungnahme des Chemieriesen. Sollte Lonmin vereinbarte oder geforderte Verbesserungen
nicht innerhalb eines konkreten Zeitplans nachweisen, „behalten wir uns vor, die Zusammenarbeit zu beenden.“
Deutschlands Autobauer wollen mit den Missständen nicht in Verbindung gebracht werden. Sie versuchen mehr oder weniger engagiert mehr Klarheit über die Zustände in den Lieferketten zu bekommen. Doch diese Bemühungen sind teuer: Es müssen spezielle Abteilungen mit etlichen Mitarbeitern eingerichtet werden; es fallen kostspielige, externe Überprüfungen der Lieferanten an. Und wenn Probleme entdeckt werden, kann es richtig teuer werden: Dann müssen Missstände abgestellt oder Rohstoffe womöglich zu höheren Preisen woanders eingekauft werden. „Aus Kostensicht ist der ehrliche Autobauer der Dumme“, sagt ein Automanager: „Er beseitigt Probleme, die er selbst erst zum Thema gemacht hat.“ Deshalb fordern Unternehmen wie BMW oder der Kupferhersteller Aurubis gesetzliche Vorgaben für die Lieferkette. Ihr Kalkül: Wenn für alle Hersteller strengere Regeln für den Rohstoffeinkauf gelten, hat keiner von ihnen einen Wettbewerbsnachteil.
Deutschlands Autobauer wollen mit den Missständen nicht in Verbindung gebracht werden. Sie versuchen mehr oder weniger engagiert mehr Klarheit über die Zustände in den Lieferketten zu bekommen. Doch diese Bemühungen sind teuer: Es müssen spezielle Abteilungen mit etlichen Mitarbeitern eingerichtet werden; es fallen kostspielige, externe Überprüfungen der Lieferanten an. Und wenn Probleme entdeckt werden, kann es richtig teuer werden: Dann müssen Missstände abgestellt oder Rohstoffe womöglich zu höheren Preisen woanders eingekauft werden. „Aus Kostensicht ist der ehrliche Autobauer der Dumme“, sagt ein Automanager: „Er beseitigt Probleme, die er selbst erst zum Thema gemacht hat.“ Deshalb fordern Unternehmen wie BMW oder der Kupferhersteller Aurubis gesetzliche Vorgaben für die Lieferkette. Ihr Kalkül: Wenn für alle Hersteller strengere Regeln für den Rohstoffeinkauf gelten, hat keiner von ihnen einen Wettbewerbsnachteil.
In Südafrika steigt die Zahl der getötenen Arbeiter im Platinbergbau, da das Edelmetall in sehr lockerem Gestein vorkommt und der Abbau immer gefährlicher wird, je tiefer die Grabungen gehen. Zugleich sind die Arbeitsbedingungen
katastrophal.
Getötete Bergarbeiter in Südafrika
Getötete Bergarbeiter Platinabbau
Mit scharfer Munition
Ein Überlebender des Massakers von Marikana macht nicht nur den Minenbetreiber und die Polizei verantwortlich für die Gewalt, sondern auch deutsche Konzerne. Autos von BMW, VW und Daimler enthalten Platin aus der Mine.
3.
Staub in jeder Pore
Mit selbst gebastelten Masken versuchen sich die Arbeiter in der chinesischen Kleinstfabrik in Liumao vor dem gesundheitsschädlichen Grafitstaub zu schützen. Der kann schwere Lugenerkrankungen auslösen.
KRANK FÜR GRAFIT
Liumao
Grafit ist ein wichtiger Rohstoff für E-Auto-Batterien. Es muss nicht aus Minen kommen, denn es kann auch für einen etwas höheren Preis künstlich hergestellt werden. Weil aber China den Weltmarkt mit billigem Grafit
flutet, lohnt sich die Herstellung in Fabriken nicht.
• In den Batterien eines Elektroautos stecken durchschnittlich 50 Kilogramm Grafit.
• China dominiert den Weltmarkt mit knapp 66 Prozent Marktanteil.
• Laut Recherchen der WirtschaftsWoche landet Grafit aus skandalösen chinesischen Produktionsstätten in den E-Auto-Akkus von Samsung. Der koreanische Konzern beliefert unter anderem BMW mit Akkus. Im November
will Samsung den Vorwürfen vor Ort nachgehen.
• BMW erklärt, man sei davon ausgegangen, kein Grafit aus diesen Produktionstätten in den eigenen Produkten zu haben.
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Die junge Frau reißt sich in der nordchinesischen Provinz die Maske vom Mund und wischt sich mit der Hand den Schweiß aus dem Gesicht. Ihre Hände sind von der Fingerspitze bis zum Ellenbogen mit einer Nagellack-dicken
silbernen Schicht überzogen. Der Stoff, der auf ihrer Haut glitzert, ist Grafit. Das graue Pulver wird nicht nur in Bleistiften verwendet sondern steckt auch in Lithium-Ionen-Batterien, die etwa in Elektroautos verbaut werden.
54 Kilo etwa sind allein in einem Tesla Model S verbaut.
Ynag Mei, die in Wirklichkeit anders heißt, gehört zu jenen, die mit ihrer Gesundheit dafür zahlen müssen, dass sich der Westen den Traum von der sauberen Mobilität erfüllen will. Mei arbeitet in einer Fabrik in Liumao, rund 150 Kilometer entfernt von der russischen Grenze in Heilongjiang, einer Hochburg für den Grafitbau in China. Das Land ist laut der staatlichen US Geological Survey mit 66 Prozent Marktanteil und einer Gesamtproduktion von 780 000 Tonnen der größte Grafitproduzent der Welt.
In den gemauerten Hallen, in denen sie und ihre Kollegen acht Stunden pro Tag arbeiten, ist es dunkel. Nur an den Seiten dringt Licht durch enge Spalten. Draußen sind es über 32 Grad. Es gibt weder eine Klimaanlage noch Luftfilter. Grafitpartikel fliegen durch die Luft, ohne Maske kann man kaum atmen. In deutschen Minen und Fabriken müssen Arbeiter die damit in Berührung kommen, Staubmasken und Schutzbrillen tragen. Hier in China tragen sie nur Baumwollbinden um den Kopf.
Ynag Mei, die in Wirklichkeit anders heißt, gehört zu jenen, die mit ihrer Gesundheit dafür zahlen müssen, dass sich der Westen den Traum von der sauberen Mobilität erfüllen will. Mei arbeitet in einer Fabrik in Liumao, rund 150 Kilometer entfernt von der russischen Grenze in Heilongjiang, einer Hochburg für den Grafitbau in China. Das Land ist laut der staatlichen US Geological Survey mit 66 Prozent Marktanteil und einer Gesamtproduktion von 780 000 Tonnen der größte Grafitproduzent der Welt.
In den gemauerten Hallen, in denen sie und ihre Kollegen acht Stunden pro Tag arbeiten, ist es dunkel. Nur an den Seiten dringt Licht durch enge Spalten. Draußen sind es über 32 Grad. Es gibt weder eine Klimaanlage noch Luftfilter. Grafitpartikel fliegen durch die Luft, ohne Maske kann man kaum atmen. In deutschen Minen und Fabriken müssen Arbeiter die damit in Berührung kommen, Staubmasken und Schutzbrillen tragen. Hier in China tragen sie nur Baumwollbinden um den Kopf.
Was haben Auto-Rohstoffe mit dem Dieselskandal zu tun?
Doch in den vergangenen Jahren reifte in der Branche das Bewusstsein für die eigene Verantwortung. Getrieben von einigen schockierenden Berichten über Menschenrechtsverletzungen durchleuchteten die Konzerne in aller Stille
ihre Einkaufspraktiken und ersannen Wege aus dem Rohdilemma. Die Angst in den Konzernen ist groß, dass Defizite in der Einkaufspolitik publik werden.
„Gibt es bei der Rohstoffproduktion in einem fernen Land ökologische oder soziale Probleme, kann das binnen Stunden hier in der Zeitung stehen“, warnt Horst Wildemann, Professor für Wirtschaftswissenschaften
an der TU München und führender Experte für Lieferketten in der Autoindustrie. „Vor so etwas haben die Firmenchefs wirklich Manschetten. Der Dieselskandal hat ihnen vorgeführt, dass öffentliche
Stimmungen ganze Geschäftsbereiche gefährden können.“ Ein BMW-Manager räumt ein: „Wir wissen, dass Skandale in der Lieferkette Kunden vom Kauf unserer Autos abhalten könnten.“
Und Audi-Chef Rupert Stadler sagt, dass „es natürlich unsere Aufgabe ist, dass wir auch bei den Minen darauf achten, dass zum Beispiel Kinderarbeit vermieden wird.“
Auch die Anwohner macht das Grafit krank. Die Fabriken leiten ihre Abwässer in den nahe gelegenen Fluss. Ein Arzt aus dem Dorf erzählt, dass das Wasser hier früher trinkbar und für den Verkauf abgefüllt worden
sei. „Heute unmöglich.“ Andere berichten vom chemischen Gestank. Auf einem kleinen Feld an einem Hang, 30 Kilometer von Liumao entfernt, klettert Shen Wang auf die Ladefläche seines Treckers und blickt auf
seine Maispflanzen. Eine feine Schicht Grafit hat sich über sie gelegt. „Alles voll mit diesem verdammten Zeug“, sagt der Bauer. „Das Grafit macht uns krank.“ Fast schon Satire ist es da, dass am
Eingang von Liumao Staatspräsident Xi Jinping von einem Plakat lächelt: „Eine gut geschützte Umwelt ist unser größter Schatz.“
Die Fabrik in der Yang arbeitet, liefert nach Recherchen der WirtschaftsWoche Grafitpuder an BTR, eine chinesische Firma, die den Stoff weiterverarbeitet und damit die Batterieproduzenten Samsung SDI und LG Chem beliefert. BTR und LG Chem äußerten sich hierzu nicht. Ein Sprecher von SDI Samsung bestätigt, dass es in der Region Minen gibt, die Umweltschäden verursachen. Nach ihren Informationen werde BTR aber nicht von diesen Minen beliefert. Bei einem Audit im November werde dies aber nochmals überprüft. BMW erklärt, man habe von Samsung die Information erhalten, dass kein Grafit aus diesen Minen geliefert werde. Daimler und VW lassen Fragen hierzu unbeantwortet.
Die Fabrik in der Yang arbeitet, liefert nach Recherchen der WirtschaftsWoche Grafitpuder an BTR, eine chinesische Firma, die den Stoff weiterverarbeitet und damit die Batterieproduzenten Samsung SDI und LG Chem beliefert. BTR und LG Chem äußerten sich hierzu nicht. Ein Sprecher von SDI Samsung bestätigt, dass es in der Region Minen gibt, die Umweltschäden verursachen. Nach ihren Informationen werde BTR aber nicht von diesen Minen beliefert. Bei einem Audit im November werde dies aber nochmals überprüft. BMW erklärt, man habe von Samsung die Information erhalten, dass kein Grafit aus diesen Minen geliefert werde. Daimler und VW lassen Fragen hierzu unbeantwortet.
Seit dem Dieselskandal werden die Umweltschäden durch die Benutzung von Autos noch stärker beachtet. Aber ein großer Teil der Umweltzerstörung eines Autos liegt vor dem ersten gefahrenen Kilometer – bei der Rohstoffgewinnung.
VW
Golf
Luft
verschmutzt
Abraum-
Gestein
Gestein
Wasser
verbraucht
Gewicht in Tonnen
So groß ist der
ökologische
Rucksack bei der
Herstellung eines Golfs
im Vergleich zu
seinem Gewicht
Schmutziges Geschäft
Die Kleinstfabrik in Liumao liefert Grafitpuder an die chinesische Firma BTR, die wiederum die großen Batterierhersteller Samsung SDI und LG Chem beliefert.
4.
32 Millionen Kubikmeter braunes Gift
Eine Schlammlawine aus einer Eisenmine im brasilianischen Bergland begrub einen ganzen Ort unter sich. 19 der 600 Einwohner verloren ihr Leben. Zudem verseuchte der Giftschlamm das Trinkwasser von Millionen Menschen.
GEFLUTET FÜR EISEN
Samarco Mine
Das für deutsche Autokarosserien benötigte Eisen stammt zu großen Teilen aus Brasilien. Der Eisenerzabbau führt dort nicht nur zu gigantischen Regenwaldabholzungen, zu Luft- und Wasserverschmutzung, sondern er führte
auch zu einer der schlimmsten Katastrophen des Landes.
• 19 Menschen werden 2015 getötet, als Abwasser der Eisen-Mine Samarco eine ganze Landschaft überflutet.
• ThyssenKrupp bezieht einen großen Teil des Eisens aus Brasilien und beliefert mit seinem Stahl die deutsche Autoindustrie. Aus Samarco hat Thyssenkrupp nach eigenen Angaben kein Eisen bezogen.
• Thyssenkrupp wird vom Bergbaukonzern Vale aus Brasilien beliefert, der immer wieder mit Sklavenarbeit, Vertreibung von Ureinwohnern und Umweltzerstörung in Verbindung gebracht wird. Vale ist Miteigentümer der Samarco-Mine.
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Es ist früher Nachmittag als am 5. November 2015 zwei leichte Erdstöße das zentrale Bergland von Minas Gerais erzittern lassen. Oder sind es Explosionen? Die wenigsten Einwohner in der brasilianischen Bergbauregion bekommen
von den Erschütterungen der Stärke 3 auf der Richterskala etwas mit. Auch nicht die Menschen im 600-Einwohner-Ort Bento Rodrigues, auf die sich eine gewaltige Schlammlawine zubewegt. Es ist Klärschlamm, welches das
Bergwerkunternehmen Samarco in einem Staudamm gespeichert hat. Der ist geplatzt und löst das weltweit größte Staudammdesaster seit vielen Jahren aus: 19 Menschen sterben. Die Trinkwasserversorgung für Millionen
Menschen entlang der Flüsse bricht zusammen. Noch wochenlang schiebt sich der Klärschlamm über Flüsse in den Atlantik. Auf Satellitenaufnahmen kann man sehen, wie sich die Schlammlawine vor Brasiliens Küste
ausbreitet.
Samarco ist keine Bergbauklitsche. Der Konzern ist der lukrativste Eisenerzförderer Brasiliens, möglicherweise sogar der Welt: Vom Umsatz von 2,5 Milliarden Dollar in 2014 blieben mehr als 40 Prozent als Gewinn in der Kasse. Mehrfach in Folge gewann Samarco die Auszeichnung als effizientester Bergbaukonzern Brasiliens. Die zwei geborstenen Stauanlagen wurden von den Behörden noch vier Monate vor dem Unglück getestet und als einwandfrei begutachtet.
Bis heute darf Samarco nicht produzieren. Der Konzern bekommt nicht die Lizenz für den Abbau. Das ist ein Problem – nicht nur für Samarco. Der brasilianische Eisenerzkonzern Vale und der australisch-britische Konkurrent BHP Billiton teilen sich die Kontrolle des Konzerns. Doch von der Katastrophe distanzieren sich die Unternehmen. Es dauert Tage, bis sich der Vale-Chef Murilo Ferreira zu Wort meldet – um dann sofort jede Mitschuld am Desaster von sich zu weisen. „Die Verantwortung liegt ausschließlich bei Samarco“, sagt der inzwischen abgelöste CEO. „Wir als Kontrolleure sind nur indirekt verantwortlich.“ Samarco möchte dies nicht kommentieren.
Nicht nur die Produzenten in der Bergbaubranche schieben gerne Verantwortung von sich. Auch die Kunden machen das so. So exportierte Samarco rund ein Fünftel seines Eisenerzes nach Europa. Wer dort seine Abnehmer sind – darüber steht nichts in den Jahresberichten des Konzerns. Thyssenkrupp hat aus Samarco nach eigenen Angaben kein Eisen bezogen.
Nach Recherchen von Misereor werden 55 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Stahls aus brasilianischem Erz produziert. Der größte Teil wiederum davon stammt von Vale. ThyssenKrupp, der größte deutsche Stahlhersteller, etwa bezieht nach eigenen Angaben zwei Drittel seines Erzes von Vale. Damit besteht kaum ein Zweifel, dass der größte Teil des Stahls der deutschen Autohersteller aus brasilianischen Erzbergwerken stammt. Die fehlende Transparenz in der Wertschöpfungskette lässt es jedoch nicht zu, dass exakt bestimmt werden kann, aus welcher Erzgrube die Kühlerhaube des neuen 3er BMW stammt. Oft endet die Rückverfolgbarkeit an den Schmelze: Welche Erze dort eingeschmolzen wurden, können Autobauer bislang oft nicht herausfinden.
Samarco ist keine Bergbauklitsche. Der Konzern ist der lukrativste Eisenerzförderer Brasiliens, möglicherweise sogar der Welt: Vom Umsatz von 2,5 Milliarden Dollar in 2014 blieben mehr als 40 Prozent als Gewinn in der Kasse. Mehrfach in Folge gewann Samarco die Auszeichnung als effizientester Bergbaukonzern Brasiliens. Die zwei geborstenen Stauanlagen wurden von den Behörden noch vier Monate vor dem Unglück getestet und als einwandfrei begutachtet.
Bis heute darf Samarco nicht produzieren. Der Konzern bekommt nicht die Lizenz für den Abbau. Das ist ein Problem – nicht nur für Samarco. Der brasilianische Eisenerzkonzern Vale und der australisch-britische Konkurrent BHP Billiton teilen sich die Kontrolle des Konzerns. Doch von der Katastrophe distanzieren sich die Unternehmen. Es dauert Tage, bis sich der Vale-Chef Murilo Ferreira zu Wort meldet – um dann sofort jede Mitschuld am Desaster von sich zu weisen. „Die Verantwortung liegt ausschließlich bei Samarco“, sagt der inzwischen abgelöste CEO. „Wir als Kontrolleure sind nur indirekt verantwortlich.“ Samarco möchte dies nicht kommentieren.
Nicht nur die Produzenten in der Bergbaubranche schieben gerne Verantwortung von sich. Auch die Kunden machen das so. So exportierte Samarco rund ein Fünftel seines Eisenerzes nach Europa. Wer dort seine Abnehmer sind – darüber steht nichts in den Jahresberichten des Konzerns. Thyssenkrupp hat aus Samarco nach eigenen Angaben kein Eisen bezogen.
Nach Recherchen von Misereor werden 55 Prozent des in Deutschland verarbeiteten Stahls aus brasilianischem Erz produziert. Der größte Teil wiederum davon stammt von Vale. ThyssenKrupp, der größte deutsche Stahlhersteller, etwa bezieht nach eigenen Angaben zwei Drittel seines Erzes von Vale. Damit besteht kaum ein Zweifel, dass der größte Teil des Stahls der deutschen Autohersteller aus brasilianischen Erzbergwerken stammt. Die fehlende Transparenz in der Wertschöpfungskette lässt es jedoch nicht zu, dass exakt bestimmt werden kann, aus welcher Erzgrube die Kühlerhaube des neuen 3er BMW stammt. Oft endet die Rückverfolgbarkeit an den Schmelze: Welche Erze dort eingeschmolzen wurden, können Autobauer bislang oft nicht herausfinden.
Warum sind Metalle die Rohstoffe mit dem größten Blutzoll?
Die Produktion von Metallen ist besonders häufig mit Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung verbunden. Das liegt daran, dass sie in umweltbelastenden Minen gefördert werden müssen und dass es sie oft in
Entwicklungsländern gibt, wo die Förderbedingungen abenteuerlich sind, Korruption an der Tagesordnung ist und mangels anderer Perspektiven hunderttausende Kinder in die Minen strömen.
Dafür werden Hersteller von Smartphones schon seit Jahren öffentlich gerügt. Dabei sind die Rohstoffmengen, die Apple oder Samsung einsetzen lächerlich, verglichen mit denen von VW oder Daimler: In einem
einzigen Pkw wird so viel Metall verbraucht wie in rund 30 000 Smartphones. Mit mehr als 60 Millionen neuen Autos fluten die Hersteller Jahr für Jahr die Straßen weltweit, das entspricht 60 Milliarden Kilogramm
Metall oder 1800 Milliarden Smartphones.
Dabei geht es auch anders. Die Minenkonzerne könnten auch Rohstoffe aus fairem Handel anbieten, wenn die Kunden es denn forderten. Experten schätzen, dass sich das mit rund 200 Euro auf den Preis eines Neuwagens auswirken
würde. Doch offenbar ist das den deutschen Autokonzernen, die operativ niemals profitabler waren als heute, zu viel.
Die Stahlindustrie verweist immer wieder darauf, dass Brasilien eine fortschrittliche Umweltgesetzgebung habe. Durchaus zu Recht. Doch geschriebenes Recht und die Praxis sind in Brasilien oftmals zwei verschiedene Dinge. Beispiel Thyssenkrupp:
Der deutsche Stahlhersteller produzierte bei Rio de Janeiro unter dem Namen CSA seit seinem Produktionsstart 2010 ohne endgültige Umweltgenehmigung. Beteiligt am Konzern CSA war auch Vale. Die bundesstaatliche Umweltbehörde
von Rio de Janeiro INEA hatte nach zwei Vorfällen mit Graphit- und Eisenstaub-Emissionen in die Wohnviertel der Umgebung der Anlage die Genehmigung nur provisorisch ausgestellt. Als das Werk September 2016 die Lizenz erhielt,
legte die Staatsanwaltschaft Einspruch ein. Inzwischen steht der ehemalige Gouverneur Sérgio Cabral im Verdacht, über die Behörde hinweg persönlich die Genehmigung erteilt zu haben. Das brasilianische Werk produziert
Stahlbrammen, von denen zwei Millionen Tonnen zur Verarbeitung nach Duisburg und drei Millionen Tonnen nach Alabama verschifft werden. Aus dem Walzwerk in Alabama – das Thyssenkrupp inzwischen ebenfalls verkauft hat –
werden die Werke von VW, Daimler und BMW in den USA beliefert.
Bei Lieferanten „mit besonders hohen Risiken“, so heißt es bei Thyssenkrupp, würden Nachhaltigkeitsaudits veranlasst, die ein externer Dienstleister durchführe. Der Konzernhabe sich zum Ziel gesetzt, pro Jahr mindestens 100 Nachhaltigkeitsaudits bei Lieferanten durchzuführen. Im Geschäftsjahr 2015/2016 habe es 185 Audits gegeben und auch im letzten Geschäftsjahr habe die Zahl der Audits in einer vergleichbaren Größenordnung gelegen: „Dabei wurden auch Rohstofflieferanten aus den Bereichen Kohle und Eisenerz mit einbezogen, im letzten Geschäftsjahr wurden eine Mine und eine Verladestation in Brasilien auditiert.“ Wenn bei Audits Abweichungen zu den definierten Standards festgestellt werden, gebe es „Aktionspläne mit dem Lieferanten sowie Zeitpunkte, zu denen die vereinbarten Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden müssen“.
Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hält solche Maßnahmen für nicht ausreichend. Er kritisiert etwa, dass entlang Vales Eisenbahnlinie, mit dem das Unternehmen sein Erz an den Atlantikhafen in Nordbrasilien transportiert, es fast jeden Monat Unfälle mit Toten gebe. Vale erklärt hierzu, das Unternehmen halte sich an die Normen und Richtlinien der Nationalen Verkehrsagentur und erfülle alle Sicherheitsanforderungen. Zudem führe Vale ständig Sicherheitskampagnen durch, „mit dem Ziel, die Menschen auf ein sicheres Zusammenleben mit der Eisenbahn aufmerksam zu machen.“
Misereor berichtet, dass durch die Bahnstrecke und die Abholzungen entlang der Strecke indigene Völker in ihrem Lebensraum betroffen sind. Vale erklärt: „Wir arbeiten eng mit vielfältigen Gemeinschaften zusammen, einschließlich der indigenen Völker und traditionellen Gemeinschaften.“ Das Unternehmen führe zudem freiwillige Maßnahmen durch um die Gesundheit, die Schaffung von Einkommen und Projekte rund um Kultur und Bildung in den Regionen zu fördern.
Aktionärsvertreter Russau kritisiert an dem Bergbaukonzern zudem, dass er Rohstoffe von Zulieferern bezieht, die immer wieder Probleme mit Verfahren wegen Sklavenarbeit hätten. Von Vale heißt es hierzu, das Unternehmen lehne „alle Aktivitäten ab, die zu unangemessenen Arbeitsbedingungen führen.“
„Natürlich können wir nicht wirklich prüfen, ob beim Erzabbau im Innersten Brasiliens nicht ein einheimischer Stamm vertrieben oder Urwald vernichtet wird. Wir holen das Erz ja nicht selbst an der Grube ab“, sagte Karlheinz Blessing, Vorstandsvorsitzender der Dillinger Hütte und der Saarstahl AG vor drei Jahren. „Ich gehe aber davon aus, dass ein Weltkonzern wie die Vale, die an den Weltbörsen notiert und deren Hauptanteilseigner die brasilianische Regierung ist, sich so was nicht leisten kann.“
Ob dieses Vertrauen in den Zulieferer die Kunden etwa eines VW-Golfs beruhigen wird? Blessing, ehemaliger Spitzenfunktionär der IG-Metall, kann es nun hautnah miterleben: Seit Anfang 2016 ist er Personalvorstand bei Volkswagen.
Bei Lieferanten „mit besonders hohen Risiken“, so heißt es bei Thyssenkrupp, würden Nachhaltigkeitsaudits veranlasst, die ein externer Dienstleister durchführe. Der Konzernhabe sich zum Ziel gesetzt, pro Jahr mindestens 100 Nachhaltigkeitsaudits bei Lieferanten durchzuführen. Im Geschäftsjahr 2015/2016 habe es 185 Audits gegeben und auch im letzten Geschäftsjahr habe die Zahl der Audits in einer vergleichbaren Größenordnung gelegen: „Dabei wurden auch Rohstofflieferanten aus den Bereichen Kohle und Eisenerz mit einbezogen, im letzten Geschäftsjahr wurden eine Mine und eine Verladestation in Brasilien auditiert.“ Wenn bei Audits Abweichungen zu den definierten Standards festgestellt werden, gebe es „Aktionspläne mit dem Lieferanten sowie Zeitpunkte, zu denen die vereinbarten Verbesserungsmaßnahmen umgesetzt werden müssen“.
Christian Russau vom Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre hält solche Maßnahmen für nicht ausreichend. Er kritisiert etwa, dass entlang Vales Eisenbahnlinie, mit dem das Unternehmen sein Erz an den Atlantikhafen in Nordbrasilien transportiert, es fast jeden Monat Unfälle mit Toten gebe. Vale erklärt hierzu, das Unternehmen halte sich an die Normen und Richtlinien der Nationalen Verkehrsagentur und erfülle alle Sicherheitsanforderungen. Zudem führe Vale ständig Sicherheitskampagnen durch, „mit dem Ziel, die Menschen auf ein sicheres Zusammenleben mit der Eisenbahn aufmerksam zu machen.“
Misereor berichtet, dass durch die Bahnstrecke und die Abholzungen entlang der Strecke indigene Völker in ihrem Lebensraum betroffen sind. Vale erklärt: „Wir arbeiten eng mit vielfältigen Gemeinschaften zusammen, einschließlich der indigenen Völker und traditionellen Gemeinschaften.“ Das Unternehmen führe zudem freiwillige Maßnahmen durch um die Gesundheit, die Schaffung von Einkommen und Projekte rund um Kultur und Bildung in den Regionen zu fördern.
Aktionärsvertreter Russau kritisiert an dem Bergbaukonzern zudem, dass er Rohstoffe von Zulieferern bezieht, die immer wieder Probleme mit Verfahren wegen Sklavenarbeit hätten. Von Vale heißt es hierzu, das Unternehmen lehne „alle Aktivitäten ab, die zu unangemessenen Arbeitsbedingungen führen.“
„Natürlich können wir nicht wirklich prüfen, ob beim Erzabbau im Innersten Brasiliens nicht ein einheimischer Stamm vertrieben oder Urwald vernichtet wird. Wir holen das Erz ja nicht selbst an der Grube ab“, sagte Karlheinz Blessing, Vorstandsvorsitzender der Dillinger Hütte und der Saarstahl AG vor drei Jahren. „Ich gehe aber davon aus, dass ein Weltkonzern wie die Vale, die an den Weltbörsen notiert und deren Hauptanteilseigner die brasilianische Regierung ist, sich so was nicht leisten kann.“
Ob dieses Vertrauen in den Zulieferer die Kunden etwa eines VW-Golfs beruhigen wird? Blessing, ehemaliger Spitzenfunktionär der IG-Metall, kann es nun hautnah miterleben: Seit Anfang 2016 ist er Personalvorstand bei Volkswagen.
Kunden zahlen hohe Preise für Zusatzausstattungen: 1130 Euro für Alufelgen, 1085 Euro für LED-Scheinwerfer, 565 Euro für die Metallic-Lackierung – wie viel mehr müsste der Kunde für fair gehandelte
Rohstoffe bei einem Golf zahlen? *
In einem Golf stecken
800 kg Stahl. Die kosten rund
416 Euro.
Wie hoch wäre der Aufpreis für fair gehandelten Stahl?
+ 206 EUR
Falsch
+ 115 EUR
Falsch
+ 42 EUR
Richtig
In einem Golf stecken
25 kg Kupfer. Die kosten rund
137 Euro.
Wie hoch wäre der Aufpreis für fair gehandeltes Kupfer?
+ 53 EUR
Falsch
+ 14 EUR
Richtig
+ 3 EUR
Falsch
In einem Golf stecken
1,5 g Platin. Die kosten rund
38 Euro.
Wie hoch wäre der Aufpreis für fair gehandeltes Platin?
+ 13 EUR
Falsch
+ 9 EUR
Falsch
+ 4 EUR
Richtig
*Basis: VW Golf, Benziner, Kaufpreis 25.000 EUR; Fairtrade-Zuschlag geschätzt basierend auf Preisunterschied zwischen herkömmlichem Gold und Fairtrade-Gold (5%), Annahmen bei Stahl, Kupfer, Platin 10% Preis-Differenz
Intransparente Lieferkette
Der Großteil des Stahls, den deutsche Autobauer verarbeiten, kommt aus Brasilien. Einer der Hauptlieferanten ist der Bergbaukonzern Vale. So viel ist sicher. Allerdings können die Autohersteller oft nicht exakt bestimmen aus
welcher Erzgrube das Eisen dafür stammt und ob sie mittelbar für Umweltkatastrophen verantwortlich sind.
5.
Ärger in den Anden
Eine der wichtigsten Kupferminen des Rohstoffkonzerns Glencore liegt in Peru auf 4200 Metern Höhe. Es gibt dort immer wieder Konflikte zwischen Peruanern und Minenbetreibern. Glencore soll etwa Arbeiter entlassen haben, weil die eine
Gewerkschaft gründen wollten. Nur wer von dem Projekt Abstand nahm, soll seinen Job wieder bekommen haben. Glencore wollte dies nicht kommentieren.
VERSCHMUTZT FÜR KUPFER
Antapaccay
Ein Auto enthält Kupferkabel von mehreren Kilometern Länge und viele kleine Elektromotoren mit Kupferspulen, etwa für Fensterheber. Durchschnittlich 25 Kilogramm Kupfer werden deshalb für ein Auto benötigt. Ist
es ein E-Auto, kommt eine ähnliche Menge für das Kupfer im Elektromotor hinzu. Bloß: Woher das Kupfer stammt und welchen Preis Menschen in den Minen dafür bezahlen, wissen Autobauer in aller Regel nicht.
• In Peru gibt es immer wieder Konflikte zwischen Einheimischen und Betreibern von Kupferminen. Es geht dabei um Arbeiterrechte und Umweltzerstörung.
• Anwohner einer Kupfermine in Antapaccay leiden unter Schwermetallvergiftungen und führen das auf die Mine zurück.
• Der Kupferanbieter Aurubis bezieht Kupfer aus Antapaccay und stellt daraus Kathoden her.
• Die Kathoden werden bei Autozulieferern verarbeitet und landen bei BMW, Daimler und Co.
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Der größte Rohstoffhändler der Welt sitzt in einem unscheinbaren Gewerbeviertel in dem Schweizer Städtchen Baar. 153 Milliarden US-Dollar hat dieser Riese namens Glencore im vergangenen Jahr umgesetzt. Einer seiner
wichtigsten Kupferminen liegt in Peru, in der Provinz Espinar, 4200 Meter über dem Meeresspiegel wo die Bauern ihr Land liebevoll „Pacha Mama“ - Mutter Erde - nennen.
Während Glencore den Kupferschatz aus der Erde holt, darbt die Bevölkerung. Die Eigentümer der Mine haben über die Jahre zwar 97 Millionen US Dollar vor Ort investiert, in ein Krankenhaus, in die Infrastruktur und soziale Projekte. Dennoch sind die Menschen in der Region arm.
Das Verhältnis zwischen den Minenbetreibern und der Landbevölkerung ist angespannt. Seit 1990 gibt es immer wieder Proteste, die oft friedlich beginnen und gewaltsam enden. Der Filmemacher Daniel Schweizer hat Espinar gerade erst besucht. In seiner Doku „Trading Paradise“ ist zu sehen, wie Polizisten Steine auf Demonstranten werfen. Mehrere Menschenrechtsorganisationen berichten, dass an der Mine schon häufig Polizisten auf die Landbevölkerung losgegangen seien. Sicher ist, 2012 kamen bei einem Zusammenstoß zwei Menschen um, 50 wurden verletzt. Damals gehörte die Mine noch dem Rohstoffkonzern Xstrata, der im darauffolgenden Jahr mit Glencore fusionierte.
Das Perfide ist: Glencore bezahlt Polizisten dafür, dass sie an der Mine für Sicherheit sorgen. In Peru ist das nicht ungewöhnlich. Das macht die Sache jedoch nicht weniger problematisch. Die Beamten geraten zwangsläufig in einen Konflikt. Sollen sie jetzt die Interessen der Bürger verteidigen oder die des privaten Auftraggebers, der ihnen einen attraktiven Nebenjob bietet?
Glencore räumt die Gehaltszahlungen an die Polizisten ein, sieht sich aber nicht in der Verantwortung. Die Beamten hätten dem Kommando der Polizei unterstanden, heißt es in einer Stellungnahme zu den Vorfällen im Jahr 2012. In zwei Wochen befasst sich der High Court in London mit dem Fall.
Es gibt immer wieder Konflikte zwischen den Peruanern und den Minenbetreibern. Glencore soll etwa Arbeiter entlassen haben, weil die eine Gewerkschaft gründen wollten. Nur wer von dem Projekt Abstand nahm, soll seinen Job wieder bekommen haben. Glencore äußert sich hierzu nicht.
Und dann die Dauerfehde rund um das verdreckte Wasser. Laut einer Studie des Umweltministeriums in Peru ist das Grundwasser und das Blut der Bewohner rund um die Mine mit Schwermetallen verseucht. Die Bewohner machen dafür Glencore verantwortlich. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück.
Fakt ist: Die Menschen sind krank, das Wasser ist schlecht. Es gibt jedoch keine Untersuchung, die zu dem Schluss käme, dass das auf die Mine zurückzuführen ist. Es gibt aber auch keine Untersuchung, die das ausschließt und einen anderen Grund festgestellt hat. Es werden nur Optionen genannt.
Die Sachlage ist unklar und das schon seit Jahren. Dass dem so ist, liegt weniger an Glencore als vielmehr an der Regierung in Peru. Die habe seit 2013 mehrfach versprochen die Kausalität zu untersuchen, heißt es vom „European Center for Constitutional and Human Rights“. Es gibt jedoch bis heute kein Ergebnis.
Aurubis sitzt in Hamburg und produziert jährlich mehr als 1 Millionen Kupferkathoden. Das Unternehmen kauft bei weltweit tätigen Bergbauunternehmen ein, wie eben Glencore und bezieht Kupfer aus der Mine in Antapaccay. Die Kathoden von Aurubis werden bei Autozulieferern verarbeitet und landen bei BMW, Daimler und Co..
Es sei von hier aus schwierig, die Geschehnisse in Peru objektiv zu beurteilen, heißt es von den Hamburgern. Aurubis stelle klare Anforderungen an seine Zulieferer etwa in Bezug auf Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Co.. Bei Verstößen gegen die Standards des Unternehmens hätten sie jedoch „kaum ein Druckmittel gegenüber den Minengesellschaften“, heißt es in einer Stellungnahme, weil sie weniger als vier Prozent der weltweit produzierten Kupferkonzentrate beziehen. Der Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten, führe nur dazu, „dass das Material an Hütten in anderen Kontinenten der Welt geliefert wird.“ An der Situation vor Ort ändere sich nichts.
Deshalb setzten die Hamburger nach eigenem Bekunden in solchen Fällen auf Dialog und Überzeugungsarbeit.
Während Glencore den Kupferschatz aus der Erde holt, darbt die Bevölkerung. Die Eigentümer der Mine haben über die Jahre zwar 97 Millionen US Dollar vor Ort investiert, in ein Krankenhaus, in die Infrastruktur und soziale Projekte. Dennoch sind die Menschen in der Region arm.
Das Verhältnis zwischen den Minenbetreibern und der Landbevölkerung ist angespannt. Seit 1990 gibt es immer wieder Proteste, die oft friedlich beginnen und gewaltsam enden. Der Filmemacher Daniel Schweizer hat Espinar gerade erst besucht. In seiner Doku „Trading Paradise“ ist zu sehen, wie Polizisten Steine auf Demonstranten werfen. Mehrere Menschenrechtsorganisationen berichten, dass an der Mine schon häufig Polizisten auf die Landbevölkerung losgegangen seien. Sicher ist, 2012 kamen bei einem Zusammenstoß zwei Menschen um, 50 wurden verletzt. Damals gehörte die Mine noch dem Rohstoffkonzern Xstrata, der im darauffolgenden Jahr mit Glencore fusionierte.
Das Perfide ist: Glencore bezahlt Polizisten dafür, dass sie an der Mine für Sicherheit sorgen. In Peru ist das nicht ungewöhnlich. Das macht die Sache jedoch nicht weniger problematisch. Die Beamten geraten zwangsläufig in einen Konflikt. Sollen sie jetzt die Interessen der Bürger verteidigen oder die des privaten Auftraggebers, der ihnen einen attraktiven Nebenjob bietet?
Glencore räumt die Gehaltszahlungen an die Polizisten ein, sieht sich aber nicht in der Verantwortung. Die Beamten hätten dem Kommando der Polizei unterstanden, heißt es in einer Stellungnahme zu den Vorfällen im Jahr 2012. In zwei Wochen befasst sich der High Court in London mit dem Fall.
Es gibt immer wieder Konflikte zwischen den Peruanern und den Minenbetreibern. Glencore soll etwa Arbeiter entlassen haben, weil die eine Gewerkschaft gründen wollten. Nur wer von dem Projekt Abstand nahm, soll seinen Job wieder bekommen haben. Glencore äußert sich hierzu nicht.
Und dann die Dauerfehde rund um das verdreckte Wasser. Laut einer Studie des Umweltministeriums in Peru ist das Grundwasser und das Blut der Bewohner rund um die Mine mit Schwermetallen verseucht. Die Bewohner machen dafür Glencore verantwortlich. Das Unternehmen weist die Vorwürfe zurück.
Fakt ist: Die Menschen sind krank, das Wasser ist schlecht. Es gibt jedoch keine Untersuchung, die zu dem Schluss käme, dass das auf die Mine zurückzuführen ist. Es gibt aber auch keine Untersuchung, die das ausschließt und einen anderen Grund festgestellt hat. Es werden nur Optionen genannt.
Die Sachlage ist unklar und das schon seit Jahren. Dass dem so ist, liegt weniger an Glencore als vielmehr an der Regierung in Peru. Die habe seit 2013 mehrfach versprochen die Kausalität zu untersuchen, heißt es vom „European Center for Constitutional and Human Rights“. Es gibt jedoch bis heute kein Ergebnis.
Aurubis sitzt in Hamburg und produziert jährlich mehr als 1 Millionen Kupferkathoden. Das Unternehmen kauft bei weltweit tätigen Bergbauunternehmen ein, wie eben Glencore und bezieht Kupfer aus der Mine in Antapaccay. Die Kathoden von Aurubis werden bei Autozulieferern verarbeitet und landen bei BMW, Daimler und Co..
Es sei von hier aus schwierig, die Geschehnisse in Peru objektiv zu beurteilen, heißt es von den Hamburgern. Aurubis stelle klare Anforderungen an seine Zulieferer etwa in Bezug auf Menschenrechte, Arbeitsbedingungen und Co.. Bei Verstößen gegen die Standards des Unternehmens hätten sie jedoch „kaum ein Druckmittel gegenüber den Minengesellschaften“, heißt es in einer Stellungnahme, weil sie weniger als vier Prozent der weltweit produzierten Kupferkonzentrate beziehen. Der Abbruch der Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen, die sich nicht an die Regeln halten, führe nur dazu, „dass das Material an Hütten in anderen Kontinenten der Welt geliefert wird.“ An der Situation vor Ort ändere sich nichts.
Deshalb setzten die Hamburger nach eigenem Bekunden in solchen Fällen auf Dialog und Überzeugungsarbeit.
Tödlicher Zwischenfall
Eine der wichtigsten Kupferminen des Rohstoffkonzerns Glencore liegt in Peru, in der Provinz Espinar. Das Verhältnis zwischen den Minenbetreibern und der Landbevölkerung ist angespannt. Immer wieder kommt es zu Demonstrationen.
Die Anwohner machen Glencore dafür verantwortlich, dass das Trinkwasser mit Schwermetallen belastet ist. Glencore weist das von sich.
Text und Recherche: Martin Seiwert, Lea Deuber, Melanie Bergermann, Simon Book, Alexander Busch; Foto- und Videoredaktion: Patrick Schuch; Videomaterial: Getty/AFP; Fotos: Picture-alliance/dpa, laif/Manfred Schade, Reuters/ Siphiwe Sibeko
(2), Dave Tacon für WirtschaftsWoche (2), Eyevine/Xinhua, PR (2), ddp images/Zuma; Infografik: Gerd Weber; Art-Direktion: Hassân Al Mohtasib; Produktion und Interaktivität: Thomas Stölzel; Produziert mit Storyflow
6. November 2017
© WirtschaftsWoche 2017