Marketing und Personalführung funktionieren mit der Jugend von heute nicht mehr wie bisher. Das zwingt Manager weltweit zum Umdenken. Was Sie über die Generation Z wissen müssen.

Konzernchefs und Marketingabteilungen bereitet eine neue Generation von Arbeitnehmern und Kunden Kopfzerbrechen. Bewährtes greift bei ihnen nicht mehr. Wer sind diese jungen Menschen, was ist ihnen wichtig, was treibt sie an?

Lorde gilt als erster Superstar einer neuen Generation. Mit 17 Jahren landete sie mit „Royals“ ihren ersten Nummer-1-Hit. Das Lied ist keine seichte Pophymne, sondern die Ankündigung eines Phänomens, das heute Konzernchefs rund um die Welt Kopfzerbrechen bereitet. Die Neuseeländerin singt über Schmuck, Champagner und Luxuskarossen, für die ihre Generation gar nichts übrig hat: „That kind of luxe just ain‘t for us“.

Lorde – mit bürgerlichem Namen Ella Marija Lani Yelich-O’Connor – ist 1996 geboren und gehört damit zur Generation Z. Vertretern ihrer Generation ist es egal, ob auf ihren Schuhen Nike, Puma oder Adidas steht. Sie lesen keine Zeitung, sondern informieren sich über ihre Smartphones. Ihre Fernseher schalten sie nur ein, wenn sie Netflix oder Amazon Prime schauen.

Wie viel der Chef zahlt, ist ihnen nicht wichtig, sondern wie er sie behandelt. Ihre Arbeitszeiten planen sie um ihr Privatleben herum. Und um Großraumbüros, Sofaecken und Tischkicker scheren sie sich nicht, solange sie sichere Arbeitsverträge haben. Was in Unternehmen jahrzehntelang funktioniert hat, gilt nicht mehr. Am Beispiel von vier jungen Menschen erklären wir, was diese Generation wirklich ausmacht. 
Wer gehört zur Generation Z? 
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Quelle: Eigene Recherche 
Diese Generation schätzt Zeiterfassung und Acht-Stunden-Tage von neun bis fünf, nicht Gleitzeit und Wochenenddienste. In den Stellenanzeigen sollte eher stehen: Bei uns gibt es geregelte Arbeitszeiten und einen eigenen Schreibtisch 
Christian Scholz, Autor 
Die Generation Z will Lebensqualität, da darf das Private nicht zu kurz kommen
Klaus Hurrelmann, Jugendforscher 
Diana zur Löwen 
Rubin Lind 
Jule Salewski
Giulia Göcke
Die Generation Z und der Konsum 
•  Influencerin, Speakerin und Mentorin bei Startup Teens 
• geboren am 20. Mai 1995
• studiert BWL an der FH Köln
Die Generation Z als Arbeitnehmer 
• CEO/Geschäftsführer von „skills4school“
• geboren am 7. Juni 1999 in Hamm
•  Abitur 2017 am Landschulheim Schloss Heessen in Hamm
Die Generation Z und die Mobilität 
• Strebt eine Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin an
• geboren am 16. August 1999
• macht im Frühjahr ihr Abitur an einer Gesamtschule
• Wohnt in Lünen nahe Dortmund
Die Generation Z und Informationen 
• Studienwunsch: Kunst
• Geboren am 11. Juni 1998
• lebt in Düsseldorf
• hat Abitur, macht derzeit ein Praktikum an einer Kunstschule

Die Generation Z und Konsum 
Influencerin – das ist der Beruf der 22-jährigen Diana. Auf Instagram und YouTube folgen ihr jeweils mehr als eine halbe Million Menschen. In ihren Videos spricht sie über Mode und Kosmetik, Ernährung und Alltag zwischen Job und Studium. Und ganz nebenbei platzieren Unternehmen hier ihre Produkte. Sie sind deutlich mit dem Hashtag „Werbung“ gekennzeichnet. Diana zur Löwen verdient gutes Geld damit.

Langweilig wird der 22-Jährigen auch sonst nicht. Sie produziert einen eigenen Podcast, ist Mentorin bei Startup Teens und dreht Spots für die Kosmetikmarke Bebe. Neben alldem geht zur Löwen auch noch zur Uni: Sie studiert Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Köln. Ihr Leben aber spielt sich zum Großteil in der digitalen Welt ab. Typisch für ihre Generation, die sich von Influencern leiten lässt, oder gleich selbst zum Internethit wird, statt „Teen Vogue“ oder „Bravo“ zu lesen.

Das beeinflusst auch das Konsumverhalten der Generation Z. Immer vielfältiger wird das Angebot an Mode, Kosmetik und Ernährung, und es sind Influencer wie Diana zur Löwen, die neue Trends setzen. Dafür verlieren Marken für die Generation Z an Bedeutung, wie auch Untersuchungen belegen.
Mehr zu den Studien
Mehr als die Hälfte der jungen Verbraucher aus dieser Generation gibt an, sich bei Kaufentscheidungen von (Video-)Bloggern beeinflussen zu lassen, so eine weltweite Untersuchung der Unternehmensberatung A. T. Kearney. „Das Markenbewusstsein der Gen Z ist nicht sehr stark ausgeprägt“, sagt Jugendforscher Hurrelmann. „Die Generation ist nicht auf ausgewählte Produkte angewiesen, sondern probiert sich aus und lässt ihrer Kreativität freien Lauf.“

Eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY stützt Hurrelmanns These. Im Rahmen des jüngsten Luxury Business Reports befragte EY neben Unternehmen und Start-ups auch 225 Teilnehmer aus der Generation Z zu ihrem Verhältnis zu Marken. Aus Rücksicht auf die noch geringe Kaufkraft der Altersgruppe formulierten sie viele Fragen hypothetisch, zum Beispiel: „Wenn du 5000 Euro hättest, was würdest du dir kaufen?“ Das Ergebnis: Immaterielle Güter wie Freizeit, Urlaub und Erlebnisse haben für die Generation Z einen höheren Stellenwert als Luxusgüter.
Haben Sie sich schon mal von einem Influencer zum Kauf eines Produktes verführen lassen? 
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Quelle: Faktenkontor; IMWF
Influencer ...
... sind meist junge Menschen, die sich auf Plattformen wie Instagram und YouTube selbst präsentieren. Beliebte Themen: Kosmetik, Haare, Lifestyle. 
Für Unternehmen steht mit dieser Diagnose ein jahrzehntelang gepflegtes Dogma in Frage: Sie müssen Heranwachsende und junge Erwachsene nur früh genug für ihre Marke gewinnen, dann bleiben die ihnen treu. Wer einmal Puma trägt, trägt immer Puma. Unternehmen müssen heute mehr bieten, das ist auch zur Löwens Eindruck. Damit eine Marke für ihre Follower interessant wird, genügt ein etabliertes Label nicht: „Wenn Marken es schaffen“, sagt sie, „einen Lifestyle und Begehrlichkeit zu vereinen und die Sachen dann vielleicht sogar noch limitiert sind, dann wird das schon spannend für die Leute.“
Die Generation Z als Arbeitnehmer 
Rubin Lind hat für sein Alter eine ganze Menge erreicht. Im Frühjahr stand er vor der Wahl: Die Abi-Nachprüfung schreiben oder an einem Start-up-Wettbewerb teilnehmen? Mit der Nachprüfung hätte der 18-Jährige seinen Abiturschnitt um 0,2 Punkte verbessern können. Beim Wettbewerb hatte er die Chance, 10.000 Euro zu gewinnen und seine Lern-App für Schüler weiterzuentwickeln.

Lind entschied sich für das Geld. „Ob ich ein 2,3- oder ein 2,1-Abi habe, ist mir ehrlich gesagt egal“, sagt er. Lind – klare Stimme, graue Augen, direkter Blick – ist zwar erst 18, weiß aber genau, was er will: das digitale Lernen verändern. Er hat die App „Skills4School“ entwickelt. Damit können Lehrer Übungsaufgaben für ihre Schüler freischalten, damit die sich gezielter auf Prüfungen vorbereiten können.

Glaubt man den Jugendforschern, dann erfüllt der junge Gründer ein wesentliches Merkmal seiner Generation. Ihm ist ein Topabschluss nicht so wichtig. Die Gen Z steht dank der besseren Berufsperspektiven weniger unter Leistungsdruck als ihre Vorgänger.

In der 11. Klasse merkte der 18-Jährige, dass er für eine Klausur völlig am Thema vorbei gelernt hatte. Zwar hatte er sich die möglichen Themen im Buch und einige Erklärvideos bei YouTube angesehen. Aber er konnte sein Wissen nicht anwenden. „Ich wollte eine App mit Übungsaufgaben, die auf meinem Lehrbuch basieren und mich ganz gezielt auf die Prüfung vorbereiten“, erklärt Lind. Als er im App Store nicht fündig wurde, schrieb er kurzerhand selbst ein Konzept.
Rubin Lind ...
... hat keine Lust, durch Dauerstress irgendwann ein Burn-out zu erleiden. Deshalb hat er eine Funktion in die Lern-App einbauen lassen, die WhatsApp, Snapchat oder andere Zeitfresser blockiert. Die Schüler sollen beim Lernen ihre Ruhe haben.

Mittlerweile ist er Chef seines eigenen Start-ups und beschäftigt drei Mitarbeiter, die sich um die Entwicklung der App kümmern. Lind koordiniert alles vom Laptop aus – im Haus seiner Eltern in Hamm. Meist sitzt er im Wintergarten mit Blick aufs Grüne, wo zwischen Holzhäuschen und Hortensien eine Hollywoodschaukel im Wind wiegt. Nebenan bereitet seine Mutter das Mittagessen zu. Ortsunabhängiges Arbeiten und ein angenehmes Umfeld sind ihm wichtig, wie vielen seiner Altersgenossen: „Ich brauche eigentlich nur meinen Laptop. Dazu höre ich gute Musik und gehe ab und zu mal raus.“

Flexibles Arbeiten heißt für ihn aber nicht, rund um die Uhr erreichbar zu sein. Wie viele andere Angehörige der Generation Z trennt Lind bewusst zwischen Arbeit und Freizeit: „Wenn ich Pause habe, klappe ich den Laptop zu und mache das Handy aus.“ Er hat keine Lust, durch Dauerstress irgendwann ein Burn-out zu erleiden. Deshalb hat er eine Funktion in die Lern-App einbauen lassen, die WhatsApp, Snapchat oder andere Zeitfresser blockiert. Die Schüler sollen beim Lernen ihre Ruhe haben.
Die Generation Z und Informationen
Als Donald Trump die Wahl gewann, war Jule Salewski aus Düsseldorf schockiert. Und als die AfD in den Bundestag einzog, war sie fassungslos. Der Populist und die rechtsgerichtete Partei haben vor allem die Stimmen älterer und verunsicherter Wähler gewonnen – teils mit Unwahrheiten und kalkulierten verbalen Grenzüberschreitungen.

Im Frühjahr hat Salewski ihr Abitur gemacht, bald will sie ein Kunststudium aufnehmen. Die 19-Jährige kann nicht verstehen, wie ältere Menschen in den sozialen Medien auf offensichtliche Lügenmeldungen hereinfallen können.

Vielen Gleichaltrigen geht es genauso, sagt sie. „In meiner Generation sind einige sehr reflektiert und können gut zwischen echten und Fake News unterscheiden“, ist sich die Abiturientin sicher. Facebook ist deswegen für sie auch kein wirklicher Nachrichtenersatz. „Ich bin bei Informationen, die ich auf Facebook bekomme, eher vorsichtig. Ich weiß oft nicht, inwiefern ich den Nachrichtenquellen vertrauen kann.“
Welche Nachrichtenquellen Nutzen Sie? 
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Vor allem die Eltern-Generation informiert sich übers klassische Fernsehen. Bei ihren Kindern sind es immerhin noch 59 Prozent. 
Das Radio nutzt die Gen Z kaum noch als Informationsquelle - viele hören Musik mittlerweile lieber über ITunes, Spotify und Co.
Noch schlechter als das Radio schneiden bei der Gen Z Printmedien, also Zeitungen und Magazine ab. Aber auch bei den über 55-Jährigen liegt die Zahl bei unter 50  Prozent. 
Klarer Sieger in Sachen Informationsquellen ist bei der Generation Z das Internet - sie sind in der digitalen Welt zu Hause. Wiederum 69 Prozent nutzen dafür am häufigsten ihr Smartphone. 
Quelle: Reuters Institute Digital Survey 2017
Fake News ...
... sind gezielt verbreitete Falschmeldungen.
Klaus Hurrelmann gibt sich überzeugt, dass junge Menschen Falschnachrichten nicht so leicht Glauben schenken, „weil sie von Kindesbeinen an mit diesen Technologien groß geworden sind“. Die Generation Z, das sind für Forscher die wahren Digital Natives. Sie merkten schneller, wenn sie durch Inhalte im Netz manipuliert werden. Hurrelmann sagt: „Sie haben eine Art siebten Sinn dafür entwickelt, was Fake ist und was nicht.“
Die Generation Z und die Mobilität
Kontrolle. Vertrauen. Sicherheit. Für Giulia Göcke sind das die wichtigsten Kriterien, egal, über welche Aspekte von Mobilität die 18-Jährige spricht. Beim Thema Autofahren verhält es sich nicht anders. Dabei hat Giulia den meisten anderen in ihrem Alter ein Rendezvous mit der Zukunft voraus: Ihre Fahrschule in Lünen bei Dortmund ist eine der ersten, in denen Fahranfänger bei voller Fahrt die Hände vom Lenkrad nehmen können – ja, sogar sollen.

Ein Tesla als Fahrschulauto macht’s möglich. „Es war ungewohnt, dem Auto komplett zu vertrauen“, sagt Giulia. „Und die Kontrolle dauerhaft abzugeben. Ich glaube, es dauert, bis man sich daran gewöhnt hat.“

Elisa Roth hat das Gespräch beiläufig verfolgt. Neue Formen des Reisens und Mobilität im Arbeitsleben, Carsharing-Angebote und autonomes Fahren? Sie habe da so manche andere Auffassung, sagt die Studentin, 21. Eines aber haben die jungen Frauen gemeinsam: Auto und Führerschein sind für sie der Inbegriff von Freiheit und Flexibilität. Beide würden darauf nur sehr ungern verzichten. 

Autonomes Fahren ... 
... macht den Fahrer zum Beifahrer – lenken, bremsen und Gas geben macht das Auto dann von selbst. Die Augen sollte man dabei trotzdem offen halten. 
Die Gen Z  erweist sich, im Vergleich zur Vorgängergeneration Y, als eher konservativ. Hurrelmann erkennt hierzulande einen Trend, der sich gegen das Auto entwickelt: „Der Anteil derer, die einen Führerschein machen wollen, sinkt.“ 

Sein Kollege Christian Scholz gibt derweil zu bedenken: „Der Eindruck, dass die Generation Z grundsätzlich kein Auto haben will, stimmt nicht pauschal.“ Wohnort und Anbindung, sagen Experten wie Scholz, bleiben für die Generation Z maßgeblich.

Wer in den Metropolen wohnt, ist ohnehin bestens vernetzt – und spart sich lieber den Frust bei Stau und Parkplatzsuche. Jenseits der großen Städte sieht das anders aus. Da bleibt das Auto wohl.
Text: Fulya Cayir, Lilian Fiala, Milena Merten, Stefan Reccius, Roman Tyborski; Produktion: Lilian Fiala; Video: Fulya Cayir, Lilian Fiala, Anna Höhnscheid; Animation: Thomas Stölzel; Produziert mit Storyflow
05. Januar 2018
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