Immer in Krisenzeiten schreien Politiker, Ökonomen,
Banken und Unternehmen nach John Maynard Keynes. Der Brite gilt als Krisenökonom
schlechthin. Denn kein anderer Wissenschaftler hat eine vermeintlich bequemere
Lösung parat, eine Krise auszustehen, als Keynes. Liefern muss nur der
Staat, alle anderen Marktteilnehmer sind Empfänger. Denn: Keynes geht
davon aus, dass eine Krise nur durch mehr Konsum gelöst werden kann,
indem also die Nachfrageseite des Marktes gestützt wird.
Das heißt nichts anderes, als dass der Staat
Steuern für Unternehmen reduziert, damit diese mehr Geld für
Investitionen übrig behalten; dass der Staat öffentliche
Bauprojekte ausschreibt, damit sich Unternehmen neue Aufträge sichern
können, um ihre Mitarbeiter weiter zu beschäftigen. Die, so
Keynes` Gedankenspiel, haben wiederum gesicherte Einnahmen, die sie ausgeben
und wiederum anderen Unternehmen höhere Umsätze bescheren.
Der Staat kauft sich aus seiner eigenen Wirtschaftskrise
und handelt antizyklisch: Geld ausgeben in Krisenzeiten und die Staatsschulden
aufblasen. Keynes prägte so den Ausdruck „deficit spending“.
Essenziell für seine Theorie ist die Annahme, dass
Unternehmen investieren, wenn der Zinssatz für den Kredit zum Kauf
einer Anlage niedriger ist als die „Grenzleistungsfähigkeit des
Kapitals“. Darunter verstand Keynes die zu erwartende Rendite einer Maschine.
Sinkt der Kreditzins unter die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals,
lohnt sich eine Investition. So kommt es in der Krise darauf an, die Zinsen zu
senken und Investitionen anzukurbeln. Die Zentralbank müsse die
Geldmenge ausweiten und die Zinsen nach unten drücken.
Diese Theorie, die Keynes 1936 in seinem Buch „The General
Theory of Employment, Interest and Money” beschrieb, beeinflusst Politik und
Wissenschaft bis heute, weil sie das Gegenteil von dem riet, was Ökonomen
sonst zur Lösung einer Krise vorgeschlagen hatten: nämlich
das Angebot zu stützen.
Doch Kritiker reiben sich an einem Punkt: Nach der
Erholung, in Boom-Phasen, müssen Staaten ihre antizyklische Strategie
fortsetzen und die ausgegebenen Gelder wieder einsparen. Das versäume
die Politik regelmäßig, kritisieren Keynes-Gegner. Die zusätzlichen
Schulden würden die Krise gar nur verschleiern und verschleppen.
Lies eine ausführliche Analyse über John
Maynard Keynes hier.
WirtschaftsWoche
Cash - Boom - Crash
Ein Projekt von Beate Clever, Sebastian Kirsch und Hassân Al Mohtasib
Technischer Partner: Trendspurt GMBH
www.wiwo.de/impressum/
Credits: Getty Images (2), Fine Printed Books and Manuscripts, 30 November 2010, London, Christie’s South Kensington: KEYNES, John Maynard (1883-1946). The General Theory of Employment, Interest and Money. London: Macmillan and Co., 1936; © Christie’s Images Ltd. 2010;
Sound: Whirling Buzzes von ProjectsU012, https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/, kombiniert mit Morse SOS
Intro: Getty Images (4), Harvard University Archives, Ludwig von Mises Institute